WARUM lässt Gott Menschen sterben wie den Lazarus? WARUM ist alles irdische Leben der Vergänglichkeit, dem Leid, dem Sterben, dem Tod unterworfen? Auch Jesus berührt die Tatsache des Todes sehr. Er war "zornig und er erregte sich." (Joh.11,33) und er "weinte" (Joh.11,35). Solche Gemütserregungen bei Jesus finden wir sonst kaum. Die Grundaussage Jesu lautet: Das Leben wird über den Tod triumphieren.
In der jetzigen Krisenzeit, in der uns tagtäglich Zahlen über das Wüten des hochinfektiösen Krankheitserregers COVID 19 erreichen und unseren Lebensalltag dominieren und in nie gekanntem Ausmaß begrenzen und in aller Welt das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen ist, ist diese Botschaft kaum zu glauben.
„Komm heraus!“
Wenn man die Auferweckung des Lazarus mit der Realität des Lebens vergleicht, wird man wohl sehr intensiv nach dem Sinn dieser Wiedererweckung fragen müssen. Was ist damit erreicht, wenn Lazarus für einige Jahre ins Leben geholt wird, um dann doch wieder dem Tod ausgeliefert zu sein? Manche Menschen wollen nach all dem, was sie schon an Qualen und Leiden hier auf Erden durchgemacht haben, gar kein ewiges Leben, weil der Schmerz über die Sinnlosigkeit dieses Daseins zu tief sitzt.
Im Zusammenhang mit dem Tod des Lazarus sagt Jesus ein entscheidendes Wort zu Marta: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Und wer lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben." (Joh.11,25f).
Einige Kapitel weiter, ebenfalls bei Johannes lesen wir: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." (Joh.14,6).
Wir finden in diesem Evangelium noch ein tröstendes Wort, wenn Jesus zu Lazarus sagt: "Komm heraus!" (Joh.11,43). Es bedeutet: Komm heraus aus dieser Enge des Grabes. Die Fesseln an Händen und Füßen sind gelöst. Der Stein ist weggewälzt. Die Totenstarre ist dir genommen. Es beginnt etwas Neues. "Ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk aus euren Gräbern ... Wort des Herrn." (Ez.37,12b und 14).
Vielleicht können wir in dieser Zeit, in der wir gezwungen sind in unseren eigenen vier Wänden zu bleiben und unsere Sozialkontakte auf ein absolut notwendiges Mindestmaß zu begrenzen, nachempfinden, wie es ist, wenn sich Menschen, obwohl sie leben, wie lebendig begraben fühlen, weil sie einsam, allein, alt sind und sich ihre vitale Lebendigkeit radikal reduziert hat. Das Bild von der Enge des Grabes, von den Fesseln und der Totenstarre kann es nicht auch ein Bild für unsere derzeitige, extrem eingeschränkte Lebenssituation sein?
Vielleicht helfen Ihnen in der kommenden Woche diese beiden Anregungen weiter, um der Lebensbotschaft Jesu neue Kraft und Nahrung zu geben?
- Was kann mich aus „meinen Gräbern“ holen? Was macht mich lebendig?
- Vielleicht besuchen Sie einmal einen Friedhof und gehen die Gräber entlang und versuchen sich die Hoffnungen und Überzeugungen derer vor Augen zu holen, deren Gebeine hier ruhen. Möglicherweise ist es Ihnen ein Bedürfnis für liebe Verstorbenen zu beten?
Ich wünsche Ihnen – im Namen des ganzen Pastoralteams – eine gute, gesegnete Woche und die Chance, inmitten aller Einschränkungen, neue, vielleicht ungewohnte Lebensmöglichkeiten zu entdecken…
Ihr Dirk Peters