An Gründonnerstag feiern wir, wie uns Jesus im letzten Abendmahl mit seinen Jüngern den Auftrag gibt, immer wieder zusammen zu kommen und mit der Eucharistie das zentrale Geheimnis unseres Glaubens zu feiern („Tut dies zu meinem Gedächtnis“). Deswegen ist die Heilige Messe mit der Eucharistie das Zentrum unseres Glaubens, in dem uns Jesus Christus schon auf Erden Teilhabe am göttlichen Leben schenkt. Wir feiern darin die Liebeshingabe Jesu am Kreuz, also das Geschehen von Karfreitag und die Liebe Gottes, die stärker ist als der Tod und die Jesus nicht im Tod gelassen hat, also das Geschehen des Osterfestes. Gleichzeitig erinnert uns die Fusswaschung daran, dass alle Glaubensverkündigung sich im Dienst am Nächsten bewahrheiten muss.
Die Eucharistie ist also kein bloßes Erinnerungs-geschehen daran, dass Jesus im Abendmahlssaal das Brot mit seinen Jüngern geteilt hat, sondern ist Hineinnahme in das Erlösungsgeschehen Gottes an uns Menschen. Ob ich von dem Geschehen in der Heiligen Messe etwas „mitnehmen“ kann, hängt in erster Linie davon ab, was ich mit hineinnehme: es erfordert eine Ehrlichkeit zu mir selbst, dass ich selber in meinem Leben erkenne, wo ich erlösungsbedürftig bin, wo ich Schuld auf mich geladen habe, wo ich an meine Grenzen komme, wo ich Zuspruch für mein Leben brauche oder Gottes Geist, der mir hilft, gute Entscheidungen zu treffen und vielleicht auch herauszufinden, wohin mich Gott führen möchte.
Die Auferstehung Jesu Christi ist kein Geschehen, das sich mit einem Paukenschlag im Leben der Jünger durchgesetzt hat. Im Gegenteil! Die Reaktionen der Frauen und Jünger am leeren Grab waren Ratlosigkeit, Verstörtheit und auch Angst. Sie zogen sich zurück. Erst nach und nach wuchs in ihnen die Gewissheit, dass Jesus wirklich lebt. In all den Erscheinungsberichten der Evangelisten wird deutlich, dass Jesus nicht in Fleisch und Blut auferstanden ist: er kann in geschlossene Räume gelangen, er wird von Maria Magdalena und den Jüngern nie direkt erkannt, er war nicht mehr zu sehen als die Emmausjünger ihn erkannt hatten.
In Erinnerung an das, was ihnen Jesus vor seinem Tod erzählt und gepredigt hat, wie er die Schriften des Volkes Israel verstanden und gedeutet hat, erkennen die Jünger und Jüngerinnen immer stärker im Herzen, dass Jesus lebt, dass die Liebe Gottes nicht klein zu kriegen war, sondern Sieger über alle irdische Begrenztheit und den Tod geblieben ist.
Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, bei allen Irr- und Abwegen, die er einschlagen kann. Wir dürfen zweifeln und müssen vieles hinterfragen, damit wir zu einem tieferen Verstehen kommen und die Vernunft nicht im Gegensatz zum Herzen steht. Aber nur die Augen unserer Herzen offenbaren uns die volle Wahrheit, die uns Jesus Christus mit seinem Evangelium gebracht hat.
So wünsche ich Ihnen allen eine frohe und hoffnungsvolle Osterzeit!
Ihr Pastor Winfried Kissel