In irgendeiner Pfarrei fand man offenbar die Aussage „Gott ist die Liebe“ nicht deutlich genug. Deshalb hatten die Initiatoren der Aktion das „die“ gestrichen und durch „jede“ ersetzt.
Manchmal finde ich solche Sprachspielereien schön, aber diesmal dachte ich: Lasst das Zitat, wie es ist. „Gott ist die Liebe“ – das ist doch eine großartige Aussage, wie soll man das denn toppen? „Gott ist jede Liebe“ dagegen ist eine Interpretation. Natürlich liebt Gott jeden Menschen, das steht mehrfach deutlich in der Bibel. Aber „Gott ist jede Liebe“? Gibt der Text das überhaupt her?
An diesem Sonntag hören wir ihn nun, er ist aus dem ersten Johannesbrief, Kapitel 4:
„Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.“
In der Tat, da steht es: Gott ist die Liebe - ohne Bedingungen oder Einschränkungen. Allerdings ist hier natürlich weder die romantische noch die erotische Liebe gemeint, sondern eine tätige, geschwisterliche Liebe.
Dem Autor geht es nicht um ein „Liebe und tu, was du willst“. Vielmehr spricht er davon, dass Gott den Menschen zuerst geliebt hat, und dass wir jetzt darauf antworten „müssen“, indem wir einander lieben. So bleiben wir dem unsichtbaren Gott verbunden, so vollendet sich seine Liebe in uns.
Dieser Text könnte eigentlich so etwas wie das Grundgesetz unserer Gemeinden sein: weil Gott uns liebt, sollen auch wir einander lieben, denn so bleiben wir in Gott. Würden wir das in aller Radikalität leben, würden sich manche anderen Fragen erübrigen.
Mit schwesterlichen Grüßen
Ihre Schwester Barbara