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„Bereitet dem Herrn die Wege, ebnet ihm die Straße...“

wüste
Datum:
7. Dez. 2023
Von:
Yvonne Werheid

Liebe Leserinnen und Leser,

die Stimme des Propheten Jesaja, die wir seit Beginn der Adventszeit hören, wird heute durch die Stimme eines anderen Propheten ergänzt: Johannes der Täufer, der an diesem kommenden Sonntag die liturgische Bühne der Adventszeit betritt. Weit davon entfernt, Veganer oder Vegetarier zu sein, sind seine „bizarre“ Kleidung (Kamelhaar mit einem Ledergürtel um die Hüften) und seine asketische Essenswahl (Heuschrecken und wilder Honig) pittoresk. So ein besonderer Mensch ähnlich dem, der ein gutes Musikstück für Lärm hält oder den Strand liebt, wenn es regnet! Aber was ist mit dem Ort, an dem er predigt, der Wüste? Der Ort, an dem alles „tot“ ist, während es zu seiner Zeit schöne Tempel gab? 

Die Wüste in der Bibel ist ein sehr starker symbolischer Ort. Sie ist der Ort der Begegnung mit Gott. In diesem kargen Raum spricht er zum Herzen des Menschen, um ihn zur Umkehr aufzufordern: „Bereitet dem Herrn die Wege, ebnet ihm die Straße...“ Und damit glaube ich, dass auch wir von diesem Aufruf zur Umkehr betroffen sind. Es gibt viele Möglichkeiten, Gott einen Weg zu bereiten. Wir bereiten Gott einen Weg, wenn wir z. B Hass und Feindschaft beenden und dagegen kämpfen so gut es in unseren Kräften steht, verkrümmten Gedanken und beleidigte Gefühle anderen gegenüber aufgeben, usw.

Die Wüste ist auch ein Symbol für die Trockenheit der Herzen. Sind unsere Herzen nicht oft wie das trockene, verdorrte und wasserlose Land, von dem der Psalm spricht (Ps 63,2)? Denken wir an all die Wüsten der Menschlichkeit, in denen der Mensch schlimmer als ein „Wolf für den Menschen“ geworden ist, Wüsten der Würde, in denen Männer und Frauen wie Material behandelt werden, das man benutzt und wegwirft, wann und wo man will. Und wir vergessen auch nicht die vielen Wüsten der Einsamkeit, die Wüsten der Liebe von Menschen, die nicht lieben können und sich nicht geliebt fühlen, oder die Wüsten der hasserfüllten Herzen, die durch blutige Kriege und so viele andere Kalamitäten geschunden wurden... In all diesen Wüsten sehen wir Männer und Frauen, die einander nicht verstehen und nicht ertragen können. Und von hier aus ertönt die Botschaft des Täufers an den heutigen Menschen: Erhebt eure Augen, ihr, deren Blick auf diese Erde gerichtet ist, die ihr von den kleinen Ereignissen und Veränderungen auf der Oberfläche dieser Erde gefesselt seid, erhebt eure Augen, ihr, deren Augen schwer von Tränen sind und die ihr über das nachweint, was die Erde euch gnadenlos entrissen hat, ihr, deren schuldbeladener Blick sich nicht heben könnt - erhebt eure Augen, eure Erlösung ist nahe.

Um die Augen erheben zu können, möge uns der Stern über Bethlehem begleiten und den Weg dorthin zeigen.

Eine gesegnete und besinnliche Adventzeit wünscht,

Ihr/Euer Egide Gatali