Zum Inhalt springen

Dies Haus ist mein und doch nicht mein ...

altes Haus
Datum:
20. Okt. 2023
Von:
Yvonne Werheid

Liebe Leserinnen und Leser,

An der Wand eines jahrhundertealten Hauses steht der folgende Sinnspruch: »Dies Haus ist mein und doch nicht mein. Der nach mir kommt, kann’s auch nur leih’n. Und wird’s dem Dritten übergeben, er kann’s nur haben für sein Leben. Den Vierten trägt man auch hinaus, sag, wem gehört nun dieses Haus?« - Wem gehört dieses Haus, diese Kirche, diese Stadt? Wem gehört die Natur mit ihrer Artenvielfalt und wem die Welt mit ihren begrenzten Ressourcen? 

Im Sonntagsevangelium versuchen Pharisäer Jesus eine Falle zu stellen: „Ist es erlaubt dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?“ (Mt 22,17) Hätte Jesus diese Frage mit einem Ja oder einem Nein beantwortet, wäre er als Feind des Kaisers und der römischen Besatzungsmacht oder als Feind der jüdischen Obrigkeit und Religion entlarvt worden.

Jesus durchschaut sie und er nimmt kein Blatt vor den Mund: „Was seid ihr doch für Heuchler!“ Ja, Heuchler! Das sind die Pharisäer schon allein deswegen, weil sie die Münzen, nach denen sie Jesus fragt, selbst bei sich tragen. Auf ihnen ist das Bild des Kaisers und die Aufschrift des »göttlichen« Kaisers eingeprägt. Trotzdem reagiert Jesus souverän: »Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.« (Mt 22,21) Diese Antwort nimmt dem Kaiser die Allmacht: Gebt ihm, was ihm zusteht - aber auch nicht mehr.

Was steht Gott zu und sonst niemandem? Er allein ist Gott, sonst keiner. Das Erste, was ihm darum gebührt, ist: ich beuge nur vor ihm meine Knie, vor niemandem sonst - nicht vor den vielen Herrgöttern, gleich ob in Politik, ob in Wirtschaft, Staat oder Kirche. Da gibt es ohne Frage »kleine Herrgötter«, oft lächerliche oder tragisch-schreckliche Figuren. Aber der Herrgott sind sie nicht, auch wenn sie auftreten, »als wären sie der liebe Gott persönlich«. Nur vor Gott soll der Mensch die Knie beugen, vor niemand sonst - nicht vor modernen Götzen wie Geld, Karriere, Macht, Einfluss. Das alles ist vergänglich. Trotzdem verfallen viele diesen Götzen.

Das Evangelium will uns nachdenklich und demütig machen. Wir sind stolz auf unsere vielfältigen Errungenschaften und den Wohlstand in Deutschland. Teils haben wir sicherlich dafür gearbeitet, uns dafür eingesetzt. Teils fiel es uns unverdient in den Schoß. Wie verletzlich aber jeder Besitz, aber auch Demokratie, sozialer und religiöser Friede, Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit ist, wird uns täglich vor Augen geführt: durch Wirtschaftskrisen, menschen-verachtende Kriege, Terrorakte, blinden Populismus, Egoismus und Extremismus in vielen Ländern, oft verbunden mit Gewalt- und Hasstiraden … .

Verbinden wir uns mit allen Menschen guten Willens, beten wir um Frieden und setzen wir uns mit Worten und Taten ganz konkret, wo wir leben für Frieden ein!

 Ihnen allen einen guten und gesegneten Sonntag! 

Winfried Kissel, Pfr.