Gebet ist Beziehungspflege

Liebe Leserinnen und Leser,
Jesus fordert im Lukasevangelium seine Jünger auf, allezeit zu beten und darin nicht nachzulassen (Lk 18,1). Das Gleichnis, das er dazu erzählt, erweckt den Eindruck, dass Gott uns nur (er-)hört, wenn wir unablässig zu ihm beten. Noch schräger wird die Aussage, wenn ich die alttestamentliche Erzählung aus dem Buch Exodus hinzunehme (Ex 17, 8-13): solange Mose seine Hände und Arme erhoben hat, behält Israel im Kampf gegen Ámalek die Oberhand.
In der alttestamentlichen Erzählung werden die Arme des Moses mit Steinbrocken gestützt, damit sie nicht nach einer gewissen Zeit, wenn die Kräfte nachlassen, sinken. Reicht allein die äußerliche Körperhaltung, die erhobenen Arme, aus, dass Gott das Volk Israel im Kampf gegen den Feind unterstützt? Über die innere Gebetshaltung des Moses wird ausdrücklich nichts gesagt. - Ich habe in meinem (Glaubens-)leben immer wieder erfahren, dass es auf die innere Haltung in erster Linie ankommt, wobei die äußere Haltung natürlich auch viel über das Innere verraten kann.
Wie sollen wir mit den Lesungstexten des Sonntags umgehen? – Nun, das inständige Gebet ist wichtig, aber nicht, weil ich aus Berechnung beten soll, also damit ich erhört werde. Vielmehr, weil es mir selber hilft, in Beziehung mit Gott zu leben, so wie es im zwischenmenschlichen Bereich wichtig ist, miteinander sich auszutauschen damit überhaupt tragbare Beziehungen entstehen können.
„Bittet und es wird euch gegeben!“ sagt Jesus an einer ähnlichen Stelle im Lukasevangelium (Lk 11,9). In diesem Zusammenhang wird aber auch deutlich, dass es nicht darum geht, dass uns Gott jeden Wunsch erfüllt. Vielmehr verspricht Jesus den Jüngern als Gabe den Heilige Geist, der uns ja mit Gott innig verbinden kann (Lk 11,13).
Gebet ist also Beziehungspflege, genauso wie das Hören und Lesen der Schrift, des Wortes Gottes. Darauf weist uns die zweite Lesung des Sonntags hin (2Tim 3,14-4,2). Durch das Kennen der Schrift werden wir mit dem Denken Gottes vertraut. Die Schrift unterweist uns in all dem, was die Menschen vor uns geglaubt haben, was die Propheten verkündet haben und in dem, was der Sohn Gottes, Jesus in und mit seinem irdischen Leben offenbart hat. Wir können unseren Glauben nur lebendig bezeugen, wenn wir in Beziehung zu ihm und Gott leben.
Ihnen allen einen gesegneten und schönen Sonntag!
Ihr