Schriftgelehrte, Pharisäer - und wir
Liebe Leserinnen und Leser,
an diesem Wochenende finden die ersten Gruppentreffen für die Kinder und Eltern des neuen Kommunionjahrgangs statt. Beim ersten Termin geht es immer um Gemeinschaft. Die Kinder basteln unter anderem ihre Gruppenkerzen. Bei ihnen geht es vor allem um die Kleingruppe, die sich als Teil der Gemeinde wahrnehmen soll. Die Eltern bekommen zunächst eine mystagogische Kirchenführung. In ihren Gruppen werden erfahrungsgemäß nach und nach viele kritische Fragen auftauchen. Ja, ihr Kind soll das Sakrament empfangen und in den Glauben und die Pfarrei hineinwachsen. Aber die Institution Kirche, die die Sakramente verwaltet, die scheint vielen so unglaubwürdig! Manchmal scheint es sogar so, als stünde sie der Gemeinde als Gegner gegenüber – statt mit ihr zu verschmelzen.
Kritische Fragen sind gut, wir stellen uns ihnen gerne. Viel besser, als einfach leise zu gehen! Und ich bin froh, dass Jesus selbst uns einiges zum Thema Glaubwürdigkeit gesagt hat.
Gerade an diesem Sonntag hören wir im Evangelium eine solche Stelle: Jesus redet über die Schriftgelehrten und Pharisäer. Das waren ja eigentlich fromme Männer. Hier aber fällt das Urteil Jesu überaus hart aus: „Alles, was sie tun, tun sie nur, damit die Menschen es sehen: Sie machen die … Quasten an ihren Gewändern lang, bei jedem Festmahl möchten sie den Ehrenplatz.“ Was Jesus hier beschreibt, ist genau das, was Papst Franziskus gerade zum wiederholten Male scharf als „Klerikalismus“ kritisiert hat. Da möchte ich mich sofort anschließen, und wahrscheinlich geht es Ihnen ähnlich: selbstverliebte, arrogante Kleriker? Geht gar nicht! Da sind sich schnell alle einig.
Interessant ist für mich aber vor allem, wie Jesus fortfährt. Er benennt klar das falsche Verhalten, und dann spricht er seine Zuhörer (also auch uns) an: „Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen, denn nur einer ist euer Meister. Ihr alle aber seid Brüder und Schwestern.“
Das wünsche ich mir auch für unsere Kirche heute, dass wir nach der klaren (berechtigten und nötigen) Analyse, was alles schiefläuft, einen Schritt weitergehen und uns fragen: Und was müssen wir jetzt besser machen? Denn schließlich sind wir ja die Kirche, Kleine und Große, alle zusammen, nicht nur „die da oben“!
Mit geschwisterlichen Grüßen
Sr. Barbara